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Feuer frei auf den Feuerkreis

30. Dezember 2023 in Schweiz, 2 Lesermeinungen
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Über den Umgang der Medien, wenn Missbrauch im rechten Spektrum der Kirche passiert – ein Kommentar von Martin Meier-Schnüriger.


Altendorf (kath.net/ swiss-cath)
Berichte über angebliche oder tatsächliche Missbrauchsskandale in der Katholischen Kirche nehmen kein Ende. Besonders gierig stürzt man sich auf Fälle, die in einem – je nach Ansicht – treu– oder erzkatholischen Milieu stattgefunden haben. Ja, wenn sich die Sittenwächter selbst nicht an ihre Regeln halten, dann – so das gängige Narrativ – taugen vermutlich ihre Sitten nicht viel und dürfen ruhig über Bord geworfen werden.
In diesen Tagen macht wieder einmal eine dieser unappetitlichen Geschichten die Runde. Das Medienportal «kath.ch» und die «SonntagsZeitung» berichten, dass zwei Priester, die in ihrer Freizeit für den katholischen Pfadfinderbund «Feuerkreis Niklaus von Flüe» tätig sind bzw. waren, übergriffiger Handlungen bezichtigt werden. Die beiden Fälle haben miteinander nichts zu tun und sind auch ganz verschieden gelagert. Doch darum geht es den Enthüllungsjournalisten nicht; für sie ist wichtig zu zeigen, dass der «Feuerkreis» und ähnliche Bewegungen eine dubiose und von der Aussenwelt abgeschottete Parallelgesellschaft bilden, in der Missbrauch sozusagen vorprogrammiert ist. Dass sie es dabei zuweilen mit Genauigkeit und Seriosität nicht allzu ernst nehmen, verkommt zur Randnotiz; bekanntlich heiligt der Zweck ja die Mittel ...
Genau genommen ist schon die Überschrift im «kath.ch»-Artikel falsch: «Traditionalistische Pfadi: Missbrauchsvorwürfe gegen zwei Priester». Der «Feuerkreis Niklaus von Flüe» ist weder traditionalistisch noch, wie er im Verlauf des Artikels auch bezeichnet wird, erzkatholisch, sondern schlichtweg katholisch. Die Gottesdienste wurden und werden – mit wenigen Ausnahmen – im neuen Messritus gefeiert, und zwar innerhalb der liturgischen Vorschriften, auf eine jugend- und kindergerechte Art. Die Pfadfinderübungen sind mit denen von «weltlichen» Scouts durchaus vergleichbar: Man geht ins Lager, kocht im Wald ab, baut Seilbrücken, lernt Erste Hilfe usw. Ergänzend kommen eine Stunde Katechese und als Abschluss der Übung die Feier der heiligen Messe dazu. Beichtgelegenheit wird angeboten, ist aber nicht verpflichtend.


«kath.ch» berichtet reisserisch von «Besuchen bei einem Exorzisten». Klickt man auf den angegebenen Link, landet man beim Pfarrer von Steinen SZ und Dekan des Dekanats Innerschwyz, Ruedi Nussbaumer, der sich auch beim «Feuerkreis» engagiert und in diesem Zusammenhang gelegentlich Scouts von anderen Abteilungen als Gäste empfängt. Davon, dass er als Exorzist tätig sein soll, ist nichts bekannt. Doch «kath.ch» erweckt bei den Lesern den Eindruck, als ob Minderjährige zur Teilnahme an Teufelsaustreibungen gezwungen würden.
Der «Feuerkreis» wurde 1988 als Alternative zu den sich immer mehr von der Kirche abnabelnden katholischen Jugendverbänden gegründet. Priester nehmen im «Feuerkreis» zwar eine wichtige Position ein, doch die eigentliche Leitung der einzelnen Abteilungen wie auch des Gesamtbundes liegt in den Händen von Laien, jungen Frauen und Männern, die sich in ihrer Freizeit mit viel Herzblut der Jugend- und Kinderarbeit widmen. Wie «kath.ch» und sein «Experte» Stefan Loppacher, der als Ex-Priester und Neoatheist («Gott ist tot, und ich vermisse ihn nicht») selbst eine fragwürdige Rolle spielt, unterstellen können, ein solches Umfeld sei besonders problematisch und «toxisch», bleibt ihr Geheimnis. Auf jeden Fall spricht es eher für als gegen den «Feuerkreis», dass in den 35 Jahren seines Bestehens gerade mal zwei mögliche Fälle von Missbrauch aufgetreten sind, wobei der eine Fall als zwar nicht akzeptabel, aber doch auch nicht besonders gravierend angesehen werden kann, und der andere zwar einen «Feuerkreis»-Priester betrifft, aber sich nicht im Rahmen des «Feuerkreises» abspielte.
Wie schon erwähnt, haben die beiden Fälle nichts miteinander zu tun, was «kath.ch» nicht daran hindert, Gemeinsamkeiten zu konstruieren. So gilt der Plattform etwa der Umstand, dass beide inkriminierten Priester von Erzbischof Wolfgang Haas geweiht wurden, als «Beweis» dafür, dass sie sich in einem Umfeld bewegten, das für Missbrauch besonders prädestiniert war.
Während «kath.ch» den einen Fall ungeniert mit vollem Namen und sogar mit einem nicht unkenntlich gemachten Bild des Angeschuldigten schildert, hält es sich im andern Fall scheinheilig an die journalistischen Regeln und benutzt ein Pseudonym, da ja, wie es jeweils so schön heisst, «die Unschuldsvermutung gilt». Allerdings ist der Artikel gespickt mit Andeutungen und Hintergrundinformationen, die es einem halbwegs kundigen Leser leicht machen, die Identität des Täters – so er denn überhaupt einer ist – zu ermitteln. In diesem Fall ist die Schuld des Beschuldigten nämlich keineswegs erwiesen, lässt doch «kath.ch» nur das mutmassliche Opfer zu Wort kommen, ohne Beweise für die Wahrheit seiner Aussagen zu erbringen.
Zwei Priester – im schlimmsten Fall! – haben an bestimmten Punkten ihres Lebens gesündigt. Sie sind schwach geworden, genauso wie jeder Mensch immer wieder schwach wird. Das ist die Tragik des Sündenfalls und der gebrochenen menschlichen Natur. Dass es sich um Priester handelt, also um Menschen, von denen man eine Vorbildfunktion erwartet, macht die Tragik ein Stück weit grösser. Es geht aber nicht an, für das Fehlverhalten zweier Menschen eine ganze Organisation verantwortlich zu machen. Der «Feuerkreis Niklaus von Flüe» ist nicht missbrauchsanfälliger als irgendeine andere Jugendbewegung. Etwas anderes zu behaupten ist in höchstem Mass unredlich – ein Missbrauch mit dem Missbrauch eben!
Wie selbst «kath.ch» berichtete, hat die Bundesleitung des "Feuerkreises" den mit Namen genannten und gerichtlich verurteilten Priester schon 2020 von jeglicher Aktivität im "Feuerkreis" ausgeschlossen und an ihrer Sitzung von Ende November 2023 auch den Priester mit dem Pseudonym "Andreas" bis zur Klärung des Falles suspendiert. Das zeigt, dass im "Feuerkreis" bezüglich Missbrauch Nulltoleranz herrscht.

Der Feuerkreis Niklaus von Flüe (FNF) ist Mitglied der unabhängigen Pfadfinderorganisation WFIS, die sich vor allem dem traditionellen Pfadfindertum nach Lord Baden-Powell verpflichtet fühlt und dieses hochhält. Der WFIS gehören weltweit 6.5 Millionen Menschen an und sie ist hinter WOSM und WAGGGS die drittgrösste, weltweite Pfadfinderorganisation.